Latente Steuern, bei denen das Adjektiv von lateinisch "latens" für „verborgen“ abgeleitet ist, sind somit auf den ersten Blick nicht sichtbare Steuerlasten oder Steuervorteile, die sich aufgrund von Unterschieden im Ansatz oder in der Bewertung von Vermögensgegenständen oder Schulden zwischen der Steuerbilanz und der Handelsbilanz ergeben. Denn in der steuerrechtlichen Gewinnermittlung werden die Einnahmen und Ausgaben des Unternehmens z. T. anders periodisiert als in der Handelsbilanz. Latente Steuern sind dann zu bilanzieren, wenn davon auszugehen ist, dass sie sich in späteren Geschäftsjahren abbauen, weil sich die zugrunde liegenden Unterschiede zwischen den steuerlichen und handelsbilanziellen Gewinnen umkehren und die latenten Steuern dadurch zu tatsächlichen Ertragsteuerbe- oder Ertragsteurentlastungen werden.
Aktive latente Steuern bilden dementsprechend zukünftige Steuervorteile (bzw. zukünftig steuerlich höheres Gewinnabzugspotenzial), passive latente Steuern demgegenüber zukünftige Steuerlasten (bzw. zukünftig steuerlich höheres Gewinnpotenzial) ab. In unseren Intensivseminaren werden neben den Methoden der Berechnung von latenten Steuern auch deren rechtliche Grundlagen ausführlich erläutert.
Um die Entstehung von passiven latenten Steuern an einem Beispiel deutlich zu machen: Werden in der Handelsbilanz Entwicklungskosten aktiviert, die in der Steuerbilanz nicht angesetzt werden dürfen, so entstehen passive latente Steuern, weil das steuerliche Ergebnis gegenüber dem handelsrechtlichen Ergebnis insoweit zu niedrig ausgewiesen ist und sich diese Differenz mit der späteren Abschreibung der Entwicklungskosten wieder umkehrt. Da die spätere Abschreibung in der Handelsbilanz nicht mehr zu einer steuerlichen Betriebsausgabe führt, ist das steuerliche Ergebnis dann im Vergleich zum handelsrechtlichen Ergebnis zu hoch. Die bezogen auf das handelsrechtliche Ergebnis zu hohe Ertragsteuerzahlung wird in der Gewinn- und Verlustrechnung dadurch korrigiert, dass zuvor gebildete passive latente Steuern entsprechend der Ergebnisdifferenz als latenter Steuerertrag aufgelöst werden.
Auch für aktive latente Steuern soll hier ein Beispiel genannt werden: Sie können z. B. dann entstehen, wenn eine in der Handelsbilanz zu bildende Rückstellung steuerlich nicht anerkannt wird, wie es in der Regel bei der Drohverlustrückstellung geschieht. In diesem Fall wird der zu hohe Ertragsteueraufwand durch aktive latente Steuern ausgeglichen. In der Handelsbilanz gilt für aktive latente Steuern ein Bilanzierungswahlrecht, soweit diese die passiven latenten Steuern übersteigen. Werden latente Steuern aktiviert, so ist der gesonderte Posten "Aktive latente Steuern" auszuweisen, der wirtschaftlich wie eine Forderung gegenüber dem Finanzamt zu verstehen ist.
Über unterschiedliche Ansatzvorschriften hinaus können passive wie aktive latente Steuern im Einzelabschluss wie im Konzern aus unterschiedlichen Bewertungsvorschriften resultieren. Ein Beispiel dafür sind unterschiedliche Abschreibungsmethoden.
Bei der Erstellung der Konzernabschlüsse sind zunächst latente Steuern, die in den Einzelabschlüssen der Konzernunternehmen erfasst sind, zu berücksichtigen. Latente Steuern aus den Einzelabschlüssen der in den Konsolidierungskreis einbezogenen Unternehmen (Mutter- und Tochterunternehmen) sind bei der Erstellung der sogenannten Handelsbilanzen II sowie im Zuge der Durchführung der verschiedenen Konsolidierungsmaßnahmen anzupassen.
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