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Konsolidierung latenter Steuern

Der nachfolgende Beitrag verdeutlicht, welche Besonderheiten bei der Ermittlung latenter Steuern im Konzernabschluss zu beachten sind.

In den Konzernabschluss gehen über den Summenabschluss zunächst die in den Einzelabschlüssen der zum Konsolidierungskreis gehörenden Unternehmen erfassten latenten Steuern ein (sog. primäre latente Steuern). Soweit durch bestimmte Konsolidierungsmaßnahmen die Konzernabschlusswerte von Vermögensgegenständen oder Schulden verändert werden, sind im nächsten Schritt die latenten Steuern anzupassen (sog. sekundäre latente Steuern). Dadurch wird sichergestellt, dass im Konzernabschluss latente Steuern auf temporäre Differenzen zwischen den Konzernbilanzwerten und den Steuerwerten ausgewiesen werden.  Eine Anpassung der latenten Steuern hat nur zu erfolgen, wenn später ein Umkehreffekt eintritt und dieser steuerwirksam ist, weil die betreffenden Vermögensgegenstände und Schulden einen Steuerwert haben, der als Betriebsausgabe oder Betriebseinnahme zu berücksichtigen ist.  Reine Verrechnungen, wie sie im Rahmen der Erstkonsolidierung und der sog. erfolgsneutralen Schuldenkonsolidierung stattfinden, führen deshalb nicht zu einer Anpassung der latenten Steuern. Gleiches gilt für Ansatz- und Bewertungsänderungen von Vermögensgegenständen und Schulden, die keinen Steuerwert haben.

Führt die konsolidierungsbedingte Anpassung der latenten Steuern zu einer Minderung der in der Summenbilanz erfassten Beträge, so kann es sich ggf. um eine Konsolidierung aktiver und passiver latenter Steuern handeln. Das verdeutlicht folgendes Beispiel: Wird eine Drohverlustrückstellung steuerlich nicht anerkannt, so sind im Jahresabschluss aktive latente Steuern zu erfassen, weil bei späterem Verlusteintritt dieser steuerwirksam wird und zu einer Ertragsteuerentlastung führt. Handelt es sich um eine konzerninterne Drohverlustrückstellung, so ist diese im Rahmen der erfolgswirksamen Schuldenkonsolidierung auszubuchen. Daraus resultiert für den Konzernabschluss eine künftige Ertragsteuerbelastung, die isoliert betrachtet als passive latente Steuer zu erfassen wäre. Tatsächlich ist jedoch die an der konzerninternen Drohverlustrückstellung hängende primäre aktive latente Steuer auszubuchen.  Nach HGB ist diese Unterscheidung dann irrelevant, wenn in Anwendung von § 306 Satz 6 HGB primäre und sekundäre latente Steuern saldiert werden. Nach IAS 12.71 ff.  ist eine bedingungslose Saldierung latenter Steueransprüche und latenter Steuerverbindlichkeiten jedoch nicht möglich, so dass sehr wohl zu unterscheiden ist, ob primäre latente Steuern auszubuchen oder sekundäre latente Steuern einzubuchen sind.

Relevant ist dieser Aspekt aber auch nach HGB. Nämlich dann, wenn Unternehmen in den Konsolidierungskreis einbezogen werden, die als kleine Kapitalgesellschaften gemäß § 274a HGB im Jahresabschluss auf die Erfassung latenter Steuern verzichtet haben. Wurde in dem geschilderten Fall die konzerninterne Drohverlustrückstellung von einem solchen Tochterunternehmen gebildet und erfolgt in Folge der Schuldenkonsolidierung routinemäßig auch eine Anpassung der latenten Steuern, so würden aktive latente Steuern ausgebucht bzw. mit solchen zu verrechnende passive latente Steuern eingebucht, die in der Summenbilanz nicht enthalten sind. Dieser Fehler wird vermieden, indem spätestens in der sog. Handelsbilanz II latente Steuern vollständig erfasst werden.

Die Notwendigkeit der Anwendung von § 274 HGB in der Handelsbilanz II ergibt sich allerdings nicht nur aus konsolidierungstechnischen Überlegungen, sondern auch aus § 298 Abs. 1 HGB, wonach auf den Konzernabschluss die Vorschriften für große Kapitalgesellschaften anzuwenden sind. Allerdings sollte aus den erwähnten konsolidierungstechnischen Überlegungen in der Handelsbilanz II darauf verzichtet, in Anwendung von § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB einen Aktivüberhangs latenter Steuern nicht anzusetzen.