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Unterschiedliche Teilergebnisse nach dem Gesamtkostenverfahren und dem Umsatzkostenverfahren

Ob die GuV nach dem Gesamtkostenverfahren oder dem Umsatzkostenverfahren erstellt wird, kann auch Auswirkungen auf die Höhe des Betriebsergebnisses und des Finanzergebnisses und infolgedessen auch die EBITDA- und EBIT-Werte haben.

Nach HGB wie nach IFRS kann die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren oder nach dem Umsatzkostenverfahren erstellt werden (§ 275 HGB bzw. IAS 1.99). Gemäß § 298 Abs. 1 i.V.m. § 275 HGB gilt das auch für den HGB-Konzernabschluss. Während nahezu alle HGB-Anwender im Jahresabschluss wie im Konzernabschluss das Gesamtkostenverfahren anwenden, nutzen auch deutsche IFRS-Anwender mehrheitlich das Umsatzkostenverfahren.

Das Gesamtkostenverfahren heißt deshalb so, weil sämtliche Kosten in den in der GuV ausgewiesenen Aufwandsarten enthalten sind, darunter auch die Beträge, die in der Bilanz als Herstellungskosten der fertigen und unfertigen Erzeugnisse, selbsterstellten Sachanlagen und ggf. selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens aktiviert sind. Die Aktivierung der Herstellungskosten wird in der GuV als Erhöhung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen bzw. als andere aktivierte Eigenleistungen erfasst. Dadurch werden die zu hohen Aufwendungen ausgeglichen. Weitere Besonderheit des Gesamtkostenverfahrens ist der Ausweis der primären Aufwandsarten.

Nach dem Umsatzkostenverfahren werden die aktivierten Herstellungskosten nicht in der GuV erfasst, sondern die Aufwendungen sind um diese gemindert. Erfasst werden die Kosten der abgesetzten Erzeugnisse sowie alle anderen nicht als Herstellungskosten zu aktivierenden Kosten. Es gibt deshalb in einer solchen GuV keine Bestandserhöhung oder Bestandsminderung und keine anderen aktivierten Eigenleistungen. Weitere Besonderheit des Umsatzkostenverfahrens ist der Ausweis der sekundären Aufwandsarten, nachdem die primären Aufwandsgrößen auf die Funktionsbereiche Herstellung, Verwaltung und Vertrieb soweit möglich weiterverrechnet wurden.

Gesamtkostenverfahren und Umsatzkostenverfahren führen systematisch zum selben Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag. Allerdings kann es zu Ergebnisverschiebungen zwischen dem Betriebsergebnis oder operativen Ergebnis und dem Finanzergebnis kommen, und zwar dann, wenn gemäß § 255 Abs. 3 bzw. IAS 23 Fremdkapitalzinsen als Bestandteile der Herstellungskosten aktiviert werden. Während nach dem Umsatzkostenverfahren die im Finanzergebnis berücksichtigten Zinsaufwendungen gemindert werden, werden diese nach dem Gesamtkostenverfahren unvermindert ausgewiesen. Die aktivierten Fremdkapitalzinsen erhöhen im Betriebsergebnis die Bestandserhöhung bzw. die anderen aktivierten Eigenleistungen. Dadurch fällt nach dem Gesamtkostenverfahren in dieser Konstellation das Betriebsergebnis zu Lasten des Finanzergebnisses höher aus als nach dem Umsatzkostenverfahren. Infolgedessen sind die Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization (EBITDA) und die Earnings before Interest and Taxes (EBIT) höher aus als nach dem Umsatzkostenverfahren.

Die Wahl des Gliederungsverfahrens für die GuV kann folglich sehr wohl ein Instrument materieller Bilanzpolitik sein. Zwar wird in der Fachliteratur die Auffassung vertreten, dass auch bei Anwendung des Gesamtkostenverfahrens aktivierte Fremdkapitalkosten nicht in die Bestandserhöhung bzw. in die anderen aktivierten Eigenleistungen einzubeziehen sind bzw. wahlweise nicht einbezogen werden müssen. Stattdessen sollen bzw. können wie bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens die Zinsaufwendungen um den aktivierten Betrag gemindert werden. Für diese Auffassung spricht, dass sich die Unterschiede zwischen dem Gesamtkostenverfahren und dem Umatzkostenverfahren systematisch auf die Darstellung des Betriebsergebnisses beschränken. Gegen diese Auffassung spricht, dass aktivierte Fremdkapitalkosten zu den Herstellungskosten gehören und diese als Bestandserhöhung bzw. andere aktivierte Eigenleistungen Bestandteile des Betriebsergebnisses sind. Abgesehen davon dürfte ein Anwender des Gesamtkostenverfahrens bei der Aktivierung von Fremdkapitalkosten nicht danach fragen, wie dies bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens abzubilden wäre. In aller Regel dürfte deshalb die Aktivierung von Fremdkapitalkosten über eine höhere Bestandserhöhung bzw. höhere andere aktivierte Eigenleistungen erfolgen, so dass das Betriebsergebnis entsprechend höher ausfällt.