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Erfolgsneutrale Verrechnung des Geschäfts- oder Firmenwerts

Der Geschäfts- oder Firmenwert aus dem Erwerb eines Tochterunternehmens ist gemäß § 309 Abs. 1 HGB planmäßig und ggf. außerplanmäßig abzuschreiben und nach IAS 36.88 ff. einem jährlichen Werthaltigkeitstest zu unterziehen. Der Unternehmenserwerb kann jedoch so gestaltet werden, dass der GoF erfolgsneutral mit den Rücklagen verrechnet wird.

Vor Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes vom 25. Mai 2009 konnte der Geschäfts- oder Firmenwert (GoF) aus dem Erwerb eines Tochterunternehmens wahlweise offen mit den Rücklagen verrechnet werden (§ 309 Abs. 1 Satz 3 HGB a.F.). Alternativ war der GoF abzuschreiben, entweder in jedem Geschäftsjahr um ein Viertel oder planmäßig über die Dauer der voraussichtlichen Nutzung (§ 309 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB a.F.).

Die Möglichkeit der Verrechnung mit den Rücklagen wurde seinerzeit häufig genutzt, wobei die Verrechnung in manchen Konzernabschlüssen auch ratierlich vorgenommen wurde. Dadurch wurden Belastungen des Konzern-Jahresüberschusses vermieden. Strittig ist allerdings bis heute, ob die Verrechnung mit den Rücklagen bei der Entkonsolidierung des betreffenden Tochterunternehmens rückgängig zu machen und der gesamte GoF zu Lasten des Entkonsolidierungsergebnisses zu verrechnen ist. Nach hier vertretener Auffassung ist ein solches Vorgehen abzulehnen. Nach den damaligen Vorschriften war dies nicht vorgeschrieben und es ist nicht erkennbar, dass es vom Gesetzgeber gewollt war. Auch der heutige Deutsche Rechnungslegungsstandard DRS 23 schreibt eine erfolgswirksame Verrechnung seinerzeit mit den Rücklagen verrechneter Geschäfts- oder Firmenwerte nicht vor. Die Verrechnung zu Lasten des Entkonsolidierungsergebnisses ist auch im Sinne der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Ertragslage des Konzerns (§ 297 Ab. 2 Satz 2 HGB) abzulehnen, weil dadurch das Entkonsolidierungsergebnis und somit auch der Konzern-Jahresüberschuss der Abgangsperiode falsch ausgewiesen würde. Wäre der GoF seinerzeit nicht verrechnet worden, wäre er längst abgeschrieben und würde das Entkonsolidierungsergebnis nicht mehr belasten.

Auch wenn § 309 Abs. 1 HGB n.F. die Verrechnung des GoF mit den Rücklagen nicht mehr zulässt, ist eine solche dennoch durch eine geeignete Gestaltung des Unternehmenserwerbs möglich. Den Ansatzpunkt dafür bietet DRS 23.175, wonach eine Aufstockung der Beteiligung an einem Tochterunternehmen auch als Kapitalvorgang, d.h. als Kapitalrückzahlung an die nicht beherrschenden Gesellschafter abgebildet werden kann. Dabei wird der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten der Anteile und dem Buchwert der abgehenden nicht beherrschenden Anteile mit den Rücklagen verrechnet. Alternativ ist gemäß DRS 23.172 die Abbildung als Erwerbsvorgang möglich. Dabei werden im Umfang des hinzuerworbenen Anteils weitere stille Reserven und Lasten aufgedeckt und ein weiterer GoF ermittelt. Diese Abbildung ist in der Folge erfolgswirksam.

Durch die Anwendung von DRS 23.175, also die Abbildung der Anteilsaufstockung als Kapitalvorgang, kann der GoF aus dem Erwerb eines Tochterunternehmens dadurch erfolgsneutral mit den Rücklagen verrechnet werden, dass bereits vor dem Anteilserwerb ein Beherrschungstatbestand i.S.v. § 290 Abs. 1 oder Abs. 2 HGB verwirklicht wird. Dafür bietet sich z.B. der Abschluss eines Beherrschungsvertrages an. Die Aufdeckung der stillen Reserven und Lasten ist dann gemäß § 301 Abs. 2 Satz 1 HGB zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beherrschungsvertrages vorzunehmen. Das neubewertete Eigenkapital ist jedoch vollständig den nicht beherrschenden Anteilen zuzurechnen. Der anschließende Erwerb der Anteile ist eine Anteilsaufstockung, die bei Abbildung als Kapitalvorgang zur Verrechnung des Unterschiedsbetrages zwischen den Anschaffungskosten dieser Anteile und dem erworbenen neubewerteten Eigenkapital mit den Rücklagen führt. Dadurch wird insbesondere der erworbene GoF erfolgsneutral verrechnet.

Möglich sind weitere in dieselbe Richtung gehende Gestaltungen. Z.B. kann zunächst eine minimale Beteiligung erworben und i.S.v. § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB bei einer GmbH ein mehrheitliches Organbesetzungsrecht realisiert werden.

Nach IFRS 10.23 ist die Abbildung der Aufstockung der Anteile an einem Tochterunternehmen als Kapitalvorgang die allein zulässige Methode, sodass die geschilderte Gestaltungsmöglichkeit auch für den IFRS-Konzernabschluss besteht. Fraglich ist jedoch, ob über IAS 8.11a auf den Aufstockungsfall die für den Fall des Beherrschungsverlusts unter bestimmten Umständen gemäß IFRS 10.B97 vorgeschriebene Zusammenfassung mehrerer Vereinbarungen entsprechend vorzunehmen ist.