Detail

Abbildung von Unternehmenstransaktionen im Jahres- und im Konzernabschluss nach HGB und IFRS

Während bei dem Erwerb eines anderen Unternehmens durch einen sog. Share Deal eine wirtschaftliche Einheit bei fortbestehender rechtlicher Vielheit entsteht, resultiert aus einem sog. Asset Deal wie aus seiner Verschmelzung eine rechtliche und wirtschaftliche Einheit. Nach IFRS werden sämtliche Formen von Unternehmenstransaktionen im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise einheitlich abgebildet. Nach HGB gibt es jedoch erhebliche Unterschiede.

Unternehmenstransaktionen können rechtlich folgendermaßen gestaltet werden:

  1. Als Erwerb der Mehrheit der Anteile an dem zu übernehmenden Unternehmen (sog. Share Deal) oder
  2. als Erwerb der einzelnen Vermögensgegenstände bzw. -werte (und Schulden) des anderen Unternehmens im Wege der Einzelrechtsnachfolge (sog. Asset Deal) oder
  3. im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach den Regeln des Umwandlungsgesetzes (UmwG) durch Übernahme des anderen Unternehmens durch Verschmelzung.

Tragender Leitgedanke für die Erstellung des Konzernabschlusses ist die Fiktion der rechtlichen Einheit (§ 297 Abs. 3 HGB bzw. IFRS 10.A). Gemäß diesem Leitgedanken soll der Konzernabschluss im Ergebnis so aussehen, wie der Jahresabschluss bzw. Einzelabschluss aussehen würde, der aufzustellen wäre, wenn der Konzern tatsächlich eine rechtliche Einheit wäre. Aus der Einheitsfiktion leitet sich die Erwerbsfiktion ab, der zufolge bei der Erstellung des Konzernabschlusses davon auszugehen ist, dass das Mutterunternehmen nicht die Anteile an dem Tochterunternehmen erworben hat, sondern die einzelnen Vermögensgegenstände bzw. Vermögenswerte und Schulden. Diese sind deshalb zum Erstkonsolidierungszeitpunkt vollständig zu identifizieren und neu zu bewerten (§ 300 Abs. 2 Satz 1 und § 301 Abs. 1 Satz 2 HGB bzw. IFRS 3.10 ff.).

Bei der Erstellung des Konzernabschlusses wird folglich der rechtlich erfolgte Share Deal in einen Asset Deal umgedeutet. Dieser ist so abzubilden, wie ein tatsächlicher Asset Deal abzubilden wäre. Der Unterschied besteht darin, dass die Erfassung und Bewertung der erworbenen Vermögensgegenstände bzw. -werte und Schulden bei einem tatsächlichen Asset Deal bereits in der originären Buchführung des erwerbenden Unternehmens erfolgt, während dies bei einem tatsächlichen, jedoch als Asset Deal gedeuteten Share Deal durch Neubewertungen in der sog. Handelsbilanz III und die darauf aufbauende Kapitalkonsolidierung zu realisieren ist. Folgerichtig gilt IFRS 3 deshalb nicht nur für einen angenommenen, sondern auch für einen tatsächlichen Asset Deal. Anwendungsvoraussetzung ist lediglich, dass ein Unternehmenszusammenschluss vorliegt, was immer dann der Fall ist, wenn die erworbenen Vermögenswerte und übernommenen Schulden einen Geschäftsbetrieb darstellen (IFRS 3.2 ff.). Wird ein IFRS-Einzelabschluss erstellt, so ist IFRS 3 auch dabei zu beachten. Für die Erstellung eines IFRS-Konzernabschlusses gilt er sowohl für einen tatsächlichen wie für einen angenommenen Asset Deal.

Wird ein Asset Deal durch Einzelrechtsnachfolge durchgeführt, so gelten auch für den HGB-Jahresabschluss und den HGB-Konzernabschluss im Wesentlichen die gleichen Regeln wie für die Abbildung des angenommenen Asset Deal im Konzernabschluss, wiederum mit der Maßgabe, dass sich die Werte bei einem tatsächlichen Asset Deal bereits in der originären Buchführung des übernehmenden Unternehmens finden, während die Ansatz- und Bewertungsregeln bei einem für den Konzernabschluss angenommenen Asset Deal konsolidierungstechnisch anzuwenden sind. Die Ansatz- und Bewertungsvorschriften gemäß § 246 Abs. 1 und § 253 Abs. 1 HGB, die gemäß § 298 Abs. 1 HGB auch für den Konzernabschluss gelten, implizieren neben der Vollständigkeit der Erfassung auch die Neubewertung der bei einem tatsächlichen Asset Deal durch Einzelrechtsnachfolge erworbenen Vermögensgegenstände und Schulden. § 309 Abs. 1 HGB verweist bezüglich der Behandlung eines Geschäfts- oder Firmenwerts aus der Kapitalkonsolidierung auf die Regeln gemäß § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB und § 253 Abs. 3. Satz 3 und 4 HGB für den tatsächlichen Asset Deal.

Dennoch stimmen die Regeln für die Abbildung tatsächlicher und angenommener Asset Deals in HGB-Abschlüssen nicht vollständig überein. Zum einen finden sich im HGB keine Vorschriften für die Behandlung eines auch bei einem tatsächlichen Asset Deal denkbaren passiven (negativen) Unterschiedsbetrags zwischen der erbrachten Gegenleistung und dem erworbenen neubewerteten Reinvermögen. Die entsprechende Anwendung u. a. der Regeln gemäß § 309 Abs. 2 HGB und der darauf basierenden Grundsätze gemäß DRS 23.139 ff. wird gemäß DRS 23.3 für den tatsächlichen Asset Deal lediglich empfohlen.

Gleiches gilt gemäß DRS 23.3 für die Abbildung einer vermögensübertragenden Umwandlung, z.B. einer Fusion. Während eine solche nach IFRS ebenfalls wie ein Asset Deal durch Einzelrechtsnachfolge abzubilden ist, erlaubt § 24 UmwG alternativ die Buchwertverknüpfung der auch in diesem Fall in der originären Buchführung des übernehmenden Rechtsträgers zu erfassenden Vermögensgegenstände und Schulden mit der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers. In diesem Fall ist nach herrschender Meinung

  • ein Verschmelzungsverlust, d. h. ein aktiver Unterschiedsbetrag sofort erfolgswirksam zu verrechnen und
  • ein Verschmelzungsgewinn, d. h. ein passiver Unterschiedsbetrag in die Kapitalrücklage einzustellen, soweit eine Kapitalerhöhung durchgeführt wurde oder zuvor vorhandene eigene Anteile ausgegeben wurden, und sofort erfolgswirksam zu erfassen, soweit zuvor eine Beteiligung an dem übertragenden Rechtsträger bestand.

Nur wenn keine Buchwertverknüpfung erfolgte, sondern eine Neubewertung der übernommenen Vermögensgegenstände und Schulden vorgenommen wurde, ist ein aktiver Unterschiedsbetrag als Geschäfts- oder Firmenwert auszuweisen. Abweichend von der erwähnten Empfehlung des DRS 23.3 wird allerdings für den Fall eines passiven Unterschiedsbetrages auch die Auffassung vertreten, dass die übernommenen Vermögensgegenstände wertmäßig abzustocken sind.

Unterschiede bestehen schließlich auch bei der Abbildung von rechtlichen Share Deals im HGB-Jahres- bzw. IFRS-Einzelabschluss. Während Anteile an Tochterunternehmen im HGB-Jahresabschluss gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 HGB mit ihren Anschaffungskosten ggf. vermindert um außerplanmäßige Abschreibungen auf den niedrigeren beizulegenden Wert anzusetzen sind, können diese gemäß IAS 27.10 wahlweise

  • zu Anschaffungskosten,
  • gemäß IFRS 9 erfolgswirksam oder erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert oder
  • nach den Regeln der Equity-Bewertung gemäß IAS 28

bilanziert werden.

Die bestehende Uneinheitlichkeit der Abbildung von Unternehmenstransaktionen in HGB-Abschlüssen resultiert insbesondere aus dem Wahlrecht der Buchwertverknüpfung gemäß § 24 UmwG. Vor Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) vor 2010 gab es eine entsprechende Methode in Form der sog. Interessenzusammenführungsmethode, die wahlweise angewendet werden konnte, wenn der Erwerb der Anteile an einem Tochterunternehmen im Wesentlichen durch Anteilstausch, also unter ähnlichen Voraussetzungen, wie sie gemäß UmwG für eine tatsächliche Verschmelzung gelten, erfolgte. Bei Anwendung dieser Methode, der nicht die Erwerbsfiktion, sondern die Fusionsfiktion zugrunde lag, wurden die Buchwerte aus der Handelsbilanz II des erworbenen Tochterunternehmens in die Konzernbilanz übernommen und der Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung in die Rücklagen eingestellt bzw. mit diesen verrechnet. Im Interesse der Einheitlichkeit der Abbildung von Unternehmenstransaktionen unabhängig von deren rechtlicher Gestaltung wäre die Abschaffung des Wahlrechts der Buchwertverknüpfung gemäß § 24 UmwG konsequent gewesen.