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Sonderposten für Investitionszuschüsse bei der Erstkonsolidierung

Bei der Erstkonsolidierung eines Tochterunternehmens stellt sich häufig die Frage, wie ein in der Bilanz des erworbenen Tochterunternehmens ausgewiesener Sonderposten für Investitionszuschüsse zu behandeln ist. Dafür kommen grundsätzlich zwei Vorgehensweisen in Betracht, richtig ist die Auflösung des Sonderpostens als „stille“ Reserve.

Sowohl nach HGB als auch nach IFRS wird für den Konzernabschluss fingiert, dass bei Erlangung der Beherrschung über ein Tochterunternehmen die einzelnen Vermögensgegenstände bzw. Vermögenswerte erworben und die Schulden dieses Unternehmens übernommen werden (§ 301 Abs. 1 HGB bzw. IFRS 3.10 ff.). Der tatsächlich erfolgte Share-Deals wird ausgehend von der Einheitsfiktion (§ 297 Abs. 3 HGB bzw. IFRS 10.A) in einen Asset-Deal umgedeutet. Da erworbene Vermögensgegenstände bzw. Vermögenswerte und Schulden jedoch nicht zu den Buchwerten erworben werden, mit denen sie in der Bilanz des erworbenen Tochterunternehmens geführt werden, sondern zu Zeitwerten, sind zum Erstkonsolidierungsstichtag die stillen Reserven und Lasten dieses Unternehmens aufzudecken. Das wirft die Frage auf, wie mit einem Sonderposten für Investitionszuschüsse zu verfahren ist, der in der Bilanz des erworbenen Tochterunternehmens ausgewiesen ist.

Investitionszuschüsse können sowohl nach HGB (siehe IDW HFA 1/1984 i.d.F. 1990) als auch nach IFRS (siehe IAS 20) alternativ von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der bezuschussten Gegenstände abgesetzt (Nettomethode) oder passivisch als Sonderposten für Investitionszuschüsse (HGB) bzw. abgegrenzte Zuwendungen der öffentlichen Hand (IFRS) erfasst werden (Bruttomethode). Bei Anwendung der Nettomethode werden die künftigen Abschreibungen gemindert, bei Anwendung der Bruttomethode werden bei unverminderten Abschreibungen künftig über die Nutzungsdauer des bezuschussten Gegenstands sonstige betriebliche Erträge aus der Auflösung des Passivpostens erfasst. Erfolgt die Auflösung des Passivpostens in Übereinstimmung mit den Abschreibungen, so stimmen nach beiden Methoden die Periodenerfolge überein.

Wird ein Tochterunternehmen erworben und hat dieses in der Vergangenheit Investitionszuschüsse erhalten, die noch nicht vollständig ergebniswirksam erfasst wurden, so kann die Höhe der aufzudeckenden stillen Reserven nicht davon abhängen, ob dieses die Brutto- oder die Nettomethode angewendet hat. Anderenfalls wären bei Anwendung der Nettomethode höhere stille Reserven aufzudecken als bei Anwendung der Bruttomethode, mit der Folge eines niedrigeren Geschäfts- oder Firmenwerts. Es stellt sich deshalb die Frage, wie die Übereinstimmung bei der Kaufpreisallokation herzustellen ist. Zwei Vorgehensweisen sind denkbar:

  1. Die noch nicht realisierten Investitionszuschüsse werden im Rahmen der Kaufpreisallokation als „stille“ Reserve aufgelöst. Hat das Tochterunternehmen die Nettomethode angewendet, so geschieht das zwangsläufig bei der Neubewertung des erworbenen Vermögens, da die Buchwerte der bezuschussten Gegenstände um die noch nicht realisierten Investitionszuschüsse gemindert sind. Hat das Tochterunternehmen die Bruttomethode angewendet, so ist der Sonderposten für Investitionszuschüsse aufzulösen.
  2. Die noch nicht realisierten Investitionszuschüsse werden im Rahmen der Kaufpreisallokation nicht als „stille“ Reserve aufgelöst, sondern weiterhin planmäßig ergebniswirksam erfasst. Hat das Tochterunternehmen die Bruttomethode angewendet, so ist der Sonderposten für Investitionszuschüsse fortzuführen. Hat das Tochterunternehmen die Nettomethode angewendet, so hat im ersten Schritt ausgehend von den geminderten Buchwerten eine Neubewertung der bezuschussten Gegenstände zu erfolgen. Es sind also zunächst höhere stille Reserven aufzudecken. Im nächsten Schritt ist in einer Nebenrechnung der bis zum Zeitpunkt der Neubewertung fortgeführte Betrag der noch nicht realisierten Zuschüsse zu ermitteln. Dieser Betrag ist sodann von den zuvor ermittelten Zeitwerten der bezuschussten Gegenstände abzuziehen, so dass die aufzudeckenden stillen Reserven um diesen Betrag gemindert werden.

Richtig ist die Vorgehensweise gemäß Variante 1. Gemäß der aus der Einheitsfiktion abzuleitenden Erwerbsfiktion hat das Mutterunternehmen auch die bezuschussten Gegenstände zu Zeitwerten erworben. Das Mutterunternehmen hat jedoch für deren Erwerb keine Zuschüsse erhalten, so dass keine Abgrenzung vorgenommen werden kann. § 301 Abs. 1 Satz 2 HGB schreibt vor, dass bei der Erstkonsolidierung das Eigenkapital mit dem Betrag anzusetzen ist, der dem Zeitwert der in den Konzernabschluss aufzunehmenden Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten und Sonderposten entspricht. Zu den hier erwähnten Sonderposten gehören allerdings nicht die Sonderposten für Investitionszuschüsse, sondern insbesondere aktive und passive latente Steuern.

Sofern in der Bilanz des Tochterunternehmens am Stichtag der Erstkonsolidierung ein Sonderposten für Investitionszuschüsse ausgewiesen ist, ist dieser im Rahmen der Erstkonsolidierung aufzulösen. In der Konzernbilanz können folglich nur Sonderposten für Investitionszuschüsse ausgewiesen werden, die Zuschüsse betreffen, die entweder das Mutterunternehmen selbst oder Tochterunternehmen nach dem Stichtag der Erstkonsolidierung erhalten haben.