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Impairmenttest des Geschäfts- oder Firmenwerts nach DRS 23 und IAS 36 im Vergleich

Auch im HGB-Jahres- bzw. Konzernabschluss ist der Geschäfts- oder Firmenwert ggf. außerplanmäßig abzuschreiben. DRS 23 sieht zur Ermittlung des Abschreibungsbedarfs zwei Vorgehensweisen vor. Deren Vergleich mit der Ermittlung des Abschreibungsbedarfs nach IAS 36 zeigt, dass Letzterer konzeptionell falsch und deshalb zu niedrig ermittelt wird.

Gemäß § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB bzw. gemäß § 298 Abs. 1 HGB i.V.m. dieser Vorschrift ist ggf. auch ein im HGB-Jahres- bzw. Konzernabschluss ausgewiesener Geschäfts- oder Firmenwert außerplanmäßig auf den niedrigeren beizulegenden Wert abzuschreiben. Regeln für die Durchführung eines solchen anlassbezogenen Impairment-Tests beinhaltet der Deutsche Rechnungslegungsstandard DRS 23 Kapitalkonsoliderung. Die Höhe der außerplanmäßigen Abschreibung ist gemäß DRS 23.128 zu ermitteln, indem am Abschlussstichtag der beizulegende Wert des GoF mit dem ausgewiesenen Buchwert verglichen wird. Dabei ist der beizulegende Wert des GoF zu ermitteln, indem vom beizulegenden Zeitwert der Beteiligung des Mutterunternehmens an dem betreffenden Tochterunternehmen der anteilige beizulegende Zeitwert des Nettovermögens abgezogen wird, das am Abschlussstichtag gemäß § 301 Abs. 1 Satz 2 HGB einer Kapitalkonsolidierung zugrunde zu legen wäre. Der beizulegende Wert des GoF ist folglich wie bei einer Erstkonsolidierung zu ermitteln, was eine neue „Kaufpreisallokation“ am betreffenden Abschlussstichtag erfordert. Diese Vorgehensweise entspricht der betriebswirtschaftlichen Definition des GoF.

Alternativ lässt DRS 23.129 eine vereinfachte Ermittlung des Abschreibungsbedarfs zu, indem vom beizulegenden Zeitwert der Beteiligung an dem betreffenden Tochterunternehmen der (anteilige) Konzernbuchwert des Reinvermögens des Tochterunternehmens und der Restbuchwert des GoF abgezogen werden. Diese Vorgehensweise entspricht konzeptionell der Vorgehensweise gemäß IAS 36.104, wonach ein Wertminderungsaufwand zu erfassen ist, wenn der erzielbare Betrag der betrachteten Einheit kleiner ist als der Buchwert der Einheit. Die Vereinfachung besteht darin, dass nicht der beizulegende Wert des GoF ermittelt und mit dessen Buchwert verglichen wird, sondern geprüft wird, ob der ausgewiesene Buchwert durch Weiterbetrieb oder (fiktiven) Verkauf der Einheit erzielt werden kann. Daraus folgt allerdings, dass der Abschreibungsbedarf in bestimmten Konstellationen zu niedrig ermittelt wird, weil im übrigen Reinvermögen des Tochterunternehmens zwischenzeitlich entstandene stille Reserven diesen mindern. Infolgedessen wird der GoF nach der außerplanmäßigen Abschreibung zu hoch ausgewiesen. Folgendes Beispiel verdeutlicht dies:

Angenommen der Buchwert des Reinvermögens eines 100%-igen Tochterunternehmens beträgt 750 Geldeinheiten (GE), der Buchwert des GoF 130 GE und die stillen Reserven im Reinvermögen betragen 60 GE, der Zeitwert des Reinvermögens folglich 810 GE. In der folgenden Tabelle werden verschiedene Fallkonstellationen durchgerechnet, die sich durch den Zeitwert der Beteiligung unterscheiden:

 

Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

Fall 6

Zeitwert der Beteiligung

1.200

900

850

810

790

750

Zeitwert Reinvermögen

-810

-810

-810

-810

-810

-810

Beizulegender Wert des GoF

390

90

40

0

0

0

Buchwert Geschäfts- oder Firmenwert

-130

-130

-130

-130

-130

-130

Abschreibungsbedarf gemäß DRS 23.128

0

-40

-90

-130

-130

-130

       

Erzielbarer Betrag gemäß IAS 36.18 ff.

1.200

900

850

810

790

750

Buchwert Reinvermögen

-750

-750

-750

-750

-750

-750

Buchwert Geschäfts- oder Firmenwert

-130

-130

-130

-130

-130

-130

Zwischensumme

320

20

-30

-70

-90

-130

Abschreibungsbedarf GoF gemäß IAS 36.104

0

0

-30

-70

-90

-130

       

Minderabschreibungen gemäß IAS 36.104

0

40

60

60

40

0

 

Ermittelt wird jeweils der Abschreibungsbedarf für den GoF, der sich maximal auf 130 GE belaufen kann. Die Vorgehensweise nach IAS 36.104 führt so lange zu Minderabschreibungen gegenüber dem gemäß DRS 23.128 konzeptionell richtig ermittelten Abschreibungsbedarf, wie Letzterer kleiner ist als der GoF. Er entspricht im Maximum den nach IAS 36.104 nicht berücksichtigten stillen Reserven.

Der deutsche Standardsetzer hat diesen Zusammenhang offensichtlich erkannt, indem er in DRS 23.129 für die Anwendung der „vereinfachten“ Ermittlungsmethode zumindest empfiehlt zu prüfen, ob seit dem Zeitpunkt der Erstkonsolidierung wesentliche stille Reserven und Lasten entstanden sind, die eine Änderung des Abschreibungsbedarfs erfordern. Werden in dem hier betrachteten Beispiel die gesamten stillen Reserven i.H.V. 60 GE als wesentlich angesehen und berücksichtigt, so ergeben sich in den betrachteten Fallkonstellationen folgende Ergebnisse:

 

Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

Fall 6

Zeitwert der Beteiligung

1.200

900

850

810

790

750

Buchwert Reinvermögen

-750

-750

-750

-750

-750

-750

Buchwert Geschäfts- oder Firmenwert

-130

-130

-130

-130

-130

-130

Stille Reserven

-60

-60

-60

-60

-60

-60

Zwischensumme

260

-40

-90

-130

-150

-190

Abschreibungsbedarf GoF gemäß DRS 23.129

0

-40

-90

-130

-130

-130

In allen Fällen stimmt der Abschreibungsbetrag mit dem nach DRS 23.128 ermittelten Betrag überein. Lediglich die Berechnungsmethode ist anders.

Die Betrachtungen zeigen, dass der Abschreibungsbedarf nach IAS 36.104 konzeptionell falsch ermittelt wird und in in der Praxis häufig anzutreffenden Konstellationen zu niedrig ist. Der Impairmenttest müsste korrekt so durchgeführt werden, wie es nach DRS 23.128 vorgeschrieben ist bzw. nach DRS 23.129 unter Berücksichtigung zumindest der wesentlichen stillen Reserven. Das würde allerdings die jährliche Ermittlung zumindest der wesentlichen stillen Reserven erfordern, wenn der Impairmenttest nicht nur anlassbezogen durchgeführt werden soll. Das dürfte dem Bilanzierenden jedoch kaum zumutbar sein. Ein Ausweg könnte deshalb ein anlassbezogener korrekter Impairmenttest am Abschlussstichtag sein.

Ob damit eine planmäßige Abschreibung des GoF einhergehen sollte, ist ein gesondertes Thema. Jeder Impairment-only-Ansatz führt implizit zur Berücksichtigung von nach dem Zeitpunkt der Erstkonsolidierung entstandenem (originärem) GoF, auch wenn der Abschreibungsbedarf konzeptionell korrekt ermittelt wird. Die derzeit nach IAS 36.104 vorgeschriebene Vorgehensweise führt jedoch sogar zur Anreicherung des GoF um stille Reserven, die im übrigen Vermögen entstanden sind.