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Besonderheiten der Schuldenkonsolidierung nach IFRS

Ist bei Erstellung eines IFRS-Konzernabschlusses eine Schuldenkonsolidierung durchzuführen, so funktioniert diese zwar nach den gleichen Regeln wie bei Erstellung eines HGB-Konzernabschlusses, es sind jedoch zahlreiche Besonderheiten zu beachten.

Vertiefende Darstellungen zur Erstellung konsolidierter Abschlüsse konzentrieren sich regelmäßig auf die Kapitalkonsolidierung. Andere Konsolidierungsmethoden werden weniger ausführlich behandelt, obwohl auch dabei Besonderheiten zu beachten sind. Das gilt auch für die Schuldenkonsolidierung bei der Erstellung eines IFRS-Konzernabschlusses, die gegenüber dem HGB folgende Besonderheiten aufweist:

  1. Auch bei der Schuldenkonsolidierung im IFRS-Konzernabschluss treten echte Aufrechnungsdifferenzen auf, die in der Weise zu eliminieren sind, dass nicht nur die Forderungen und Verbindlichkeiten, sondern auch die Erträge und Aufwendungen aus deren Erfassung sowie aus der Folgebewertung dieser in den Einzelabschlüssen auszubuchen sind. Soweit den Aufrechnungsdifferenzen keine solchen Erträge bzw. Aufwendungen entsprechen, sind sonstige betriebliche Erträge bzw. Aufwendungen zu erfassen. So sind nach IAS 37 gebildete konzerninterne Rückstellungen und Abwertungen konzerninterner Forderungen nach dem Wertminderungsmodell gemäß IFRS 9.5.5.1 ff. zu stornieren.
  2. Nach HGB sind auch gemäß § 250 HGB gebildete aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten in die Schuldenkonsolidierung einzubeziehen. Nach IFRS handelt es sich dabei um sonstige Vermögenswerte und sonstige Verbindlichkeiten, soweit es sich nicht um Disagiobeträge handelt.
  3. Nach IFRS können Disagiobeträge u.a. aus konzerninternen Schuldverhältnissen nicht auftreten, da nach IFRS 9.4.1.2 i.V.m. 9.5.4.1 auf (bestimmte) Forderungen bzw. gemäß IFRS 9.4.2.1 auf (bestimmte) Verbindlichkeiten die Effektivzinsmethode anzuwenden ist. Deshalb können nach IFRS auch keine Aufrechnungsdifferenzen aufgrund der Sofortverrechnung eines Disagios auftreten, die gemäß § 250 Abs. 3 HGB möglich ist.
  4. Die Anwendung der Effektivzinsmethode sowohl auf konzerninterne Forderungen als auch auf die entsprechenden konzerninternen Verbindlichkeiten bedeutet jedoch nicht, dass bei der Verrechnung keine Aufrechnungsdifferenzen auftreten können. Solche können vielmehr daraus resultieren, dass der Effektivzinssatz des Gläubigerunternehmens ein anderer ist als der des Schuldnerunternehmens. Diese Aufrechnungsdifferenzen entsprechen den ebenfalls zu eliminierenden Differenzen zwischen den Zinserträgen und Zinsaufwendungen aus der Anwendung der Effektivzinsmethode.
  5. Da nach IFRS auch konzerninterne Verbindlichkeiten i.d.R. nach der Effektivzinsmethode bewertet werden, die entsprechenden konzerninternen Forderungen jedoch ggf. erfolgswirksam (IFRS 9.4.1.4) oder erfolgsneutral (IFRS 9.4.1.2A) zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten sind, treten Aufrechnungsdifferenzen auch aus der Anwendung unterschiedlicher Bewertungsmethoden auf. Auch dafür gilt, dass diese Differenzen den Differenzen zwischen den ebenfalls zu eliminierenden Erträgen und Aufwendungen aus der Folgebewertung der betreffenden konzerninternen Forderungen und Verbindlichkeiten entsprechen. Weitere Besonderheit ist, dass sich die Ausbuchung von Erträgen und Aufwendungen aus der Folgebewertung der konzerninternen Forderungen ggf. auch auf im sonstigen Ergebnis (other comprehensive income) erfasste Gewinne und Verluste erstreckt.
  6. Ausnahmsweise sind auch konzerninterne Verbindlichkeiten erfolgswirksam bzw. erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten (IFRS 9.4.2.1 i.V.m. IFRS 9.5.7.7). Aufrechnungsdifferenzen treten auf, wenn die entsprechenden konzerninternen Forderungen nach der Effektivzinsmethode bewertet werden oder wenn die beizulegenden Zeitwerte nicht übereinstimmend ermittelt werden. Auch dabei sind die erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis erfassten Gewinne und Verluste zu eliminieren. Soweit keine Aufrechnungsdifferenzen zwischen den konzerninternen Forderungen und Verbindlichkeiten bestehen, betreffen diese allerdings nur die Aufwands- und Ertragskonsolidierung.
  7. Da Fremdwährungsforderungen und -verbindlichkeiten als monetäre Posten gemäß IAS 21.23(a) jeweils mit dem Stichtagskurs umzurechnen sind, treten keine Aufrechnungsdifferenzen aus der imparitätischen Bewertung solcher Posten aufgrund von Wechselkursänderungen auf, es sei denn, es werden unterschiedliche Stichtagskurse verwendet.
  8. Aufrechnungsdifferenzen können nach HGB wie nach IFRS auch aus der Umrechnung des Einzelabschlusses eines in Fremdwährung bilanzierenden Tochterunternehmens nach der modifizierten Stichtagskursmethode auftreten. Nach HGB sind diese gemäß DRS 25.78 ff. erfolgsneutral in die Eigenkapitaldifferenz aus Währungsumrechnung einzustellen bzw. mit dieser zu verrechnen oder aus Vereinfachungsgründen bei Unwesentlichkeit erfolgswirksam zu erfassen. Demgegenüber sind nach IAS 21.45 Gewinne und Verluste aus konzerninternen monetären Posten grundsätzlich erfolgswirksam zu erfassen.
  9. Da nach IAS 32.11 Derivate bei dem einen Vertragspartner finanzielle Vermögenswerte und bei dem anderen finanzielle Verbindlichkeiten sind, die jeweils erfolgswirksam mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewerten sind (IFRS 9.4.1.4 bzw. IFRS 9.4.2.1), können bei übereinstimmender Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts keine Aufrechnungsdifferenzen aus konzerninternen Derivaten auftreten. Demgegenüber sind nach HGB vorteilhafte Derivate als schwebende Geschäfte nicht zu aktivieren, jedoch nachteilige Derivate in Form von Drohverlustrückstellungen zu passivieren, so dass aus konzerninternen Derivaten notwendigerweise Aufrechnungsdifferenzen auftreten.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass nach IFRS Aufrechnungsdifferenzen auftreten können, die es nach HGB nicht gibt und umgekehrt. Angesichts zahlreicherer Bewertungsmethoden ist die Schuldenkonsolidierung jedoch nach IFRS komplexer als nach HGB.

Allerdings muss sich diese höhere Komplexität nicht unbedingt auf den Konsolidierungsprozess auswirken. Erstellt ein Konzernunternehmen nicht ohnehin einen IFRS-Einzelabschluss, so macht es keinen Sinn, auch die konzerninternen Forderungen und Verbindlichkeiten zunächst in der sog. Handelsbilanz II nach IFRS umzubewerten, wenn diese ohnehin herauskonsolidiert werden. Die eingangs genannten Regeln zur Durchführung der Schuldenkonsolidierung funktionieren auch, wenn die konzerninternen Forderungen und Verbindlichkeiten mit ihren nach dem jeweiligen nationalen Bilanzrecht für die Handelsbilanz I ermittelten Werten in die Handelsbilanz II übernommen werden.